Frühlingsmatineé der Heinz-Bosl-Stiftung: Schlussapplaus

Gelebte Tanzleidenschaft

Das Bayerische Junior Ballett München feiert sein 15jähriges Bestehen mit zwei Frühlingsmatinéen

Während die erste Matinée sich den Absolvent*innen widmete, die heute beim Bayerischen Staatsballett tanzen, stehen bei der zweiten Matinée die Tänzer*innen im Fokus, die an anderen renommierten Opernhäusern engagiert sind. Welch ein Output dieser Kompanie unter der mehr als erfolgreichen Leitung von Ivan Liška!

München, 13/04/2025

Tanzen können sie alle. Aber haben die insgesamt 600 Bewerber*innen die Persönlichkeit, die sie im Beruf brauchen? Die 13 Plätze, die das „Bayerische Junior Ballett München“ anbietet, sind begehrt. Angenommen sind für die kommende Spielzeit drei ehemalige Mitglieder der Münchner Ballettakademie und zehn externe Tänzer*innen. Kein Wunder, dass Absolvent*innen des „Bayerischen Junior Ballett München“ nach ihrem zweijährigen Feinschliff bei angesehenen Kompanien gleich Fuß fassen und ihre neue, nun berufliche Heimat dort finden – ein kleiner Schritt und zugleich ein großer Sprung im Leben der Tänzer*innen. Sie finden Platz in renommierten Ballettensembles wie dem Stuttgarter Ballett, der Semperoper Dresden, dem Friedrichstadt Palast, dem Leipziger Ballett, dem Hamburg Ballett, dem Tanztheater Wuppertal Pina Bausch, dem Poznań Ballett und dem Teatro dell’Opera di Roma - oder sie tanzen beim „Bayerischen Staatsballett“. 

Die Auslese, in den Genuss dieser Kaderschmiede zu kommen, die zwischen Studium und Beruf steht, ist hart. Die „Neuen“ im „Bayerischen Junior Ballett“ erfüllen die anspruchsvollen Voraussetzungen, die über die reine Technik hinaus gehen. Bis zur Aufnahme wird geprüft:  Sind diese Tänzer*innen auch geistig flexibel, können diese moderne Choreografien tänzerisch umzusetzen, auch dann, wenn die Anweisungen nicht immer ganz deutlich kommen? Verfügen sie über Fantasie, Vorstellungskraft, über innere Wahrnehmung, Musikalität und die Hingabe?  Sind diese jung ausgebildeten Tänzer*innen, die noch wenig Bühnenerfahrung haben in der Lage, Choreografien sich zu eigen zu machen? Wenn der künstlerische Leiter des BJBM Ivan Liška und sein Team diese Fragen mit Ja beantworten können, dann steht einer Aufnahme in diese erlesene Nachwuchskompanie nichts im Wege. Das Ergebnis dieser Schule der Disziplin, der Hingabe und der Wertschätzung kann sich sehen lassen. Der Übergang in den Beruf, der Start in eine vielversprechende Karriere ist dann geglückt, wie die umjubelten Frühlingsmatinéen anlässlich des 15jährigen Bestehens des „Bayerischen Junior Balletts München“ an den beiden vergangenen Sonntagen im ausverkauften Münchner Nationaltheater deutlich vor Augen führen. 

Während die erste Matinée sich denen widmete, die beim Bayerischen Staatsballett tanzen, stehen bei der zweiten Matinée die Tänzer*innen im Fokus, die an anderen renommierten Opernhäusern engagiert sind. Das Geschwisterpaar  Nadia Kahn (tanzte 2010 – 2012 beim BJBM) und ihr weltberühmter Bruder Julian MacKay brillieren im harmonischen „Frühlingswasser“.  Das Ehepaar Diana van Godtsenhoven und Carl van Godtsenhoven, der seine Anfänge auch beim BJBM machte, bietet „Die Schöpfung“ mit großer Anmut und Eleganz dar und lässt so das Publikum durch die fließende Tanzsprache tief in das Geschehen eintauchen. An diesen Abenden werden viele ehemalige BJBM-Ensemblemitglieder miteinander verbunden, die heute in den bedeutendsten Ballettensembles tanzen. Es sind die vielen gemeinsamen Erlebnisse, wie die Heinz-Bosl-Matinéen, die Gastspielreisen, die Bühnenpraxis vermitteln, besondere Freundschaften und Anekdoten, die im Zusammenhang mit dem Signaturstück „Triadisches Ballett“ stehen und nicht zuletzt das geschichtsträchtige Nationaltheater selbst, das Dreh- und Angelpunkt tänzerischen Wirkens war und ist und für viele so etwas wie Heimat geworden ist. Auch im Programm der beiden Matinéen selbst spiegelt sich das Thema Identität, die gegenseitige Verbundenheit, die menschliche Solidarität und damit die gemeinsame (Tanz)sprache wider.  So z.B. in der Uraufführung „Binding Pulse“ von Simone Sandroni, ist es der Herzschlag, der in gemeinsamem Atem mündet, „in ein urzeitliches Ritual, bei dem der Schlag zur Sprache wird, die uns vereint“. Das Spektrum der dargebotenen Tanzstile reicht von Klassisch („Carmen“: Bianca Teixeira) über National („Kirchweih in Brügge“: Erik Murzagaliyev) bis hin zu modernem oder  zeitgenössischen Tanz (z.B. die Uraufführung „Sol Etude“: Joaquin Angelucci).

 

 

Persönlichkeiten als Schlüssel zum Erfolg

Was diese bejubelten Matinéen zu etwas Besonderem machen lässt, ist das Nachvollziehen der Entwicklungen, des Reifeprozesses eines jeden Tänzers oder Tänzerin. Dabei geht es um die jeweilige Persönlichkeit, die sich nach und nach herausbildet und sich wie ein Buch aufblättert. Das BJBM ist zugleich eine Inspirationsquelle für Kreativität und bereitet den Nährboden für eine Reihe junger, vielversprechender choreografischer Talente, wie z.B. Simon Adamson-De Luca, Joaquin Angelucci und nicht zuletzt Marco Goecke, der als ehemaliger Tänzer an der Ballettakademie der Heinz-Bosl-Stiftung München ausgebildet wurde und als Choreograf heute Maßstäbe setzt: ALL LONG DEM DAY kreierte Goecke im Jahr 2015 für die Staatliche Ballettschule Berlin. Goecke erinnert mit seiner extravaganten, präzisen, hektischen, flirrenden Bewegungssprache in aufrüttelnder Weise, dass Veränderungen vielleicht schmerzhaft, auf jeden Fall notwendig sind was genau der Intention Nina Simones Version des Songs „Sinnermann“ entspricht. In diesem Song geht es um einen Sünder, der versucht, sich vor dem jüngsten Gericht zu verstecken. Nina Simone fleht nach Vergebung mit dem Ziel, den Zusammenhalt der Gesellschaft herzustellen. 

Was kann es Besseres geben, sich für eine intakte Gesellschaft zu engagieren und dafür die Sprache des Tanzes zu wählen? Die Sprache des Tanzes ist oft universell, sie kennt weniger Grenzen und doch ist ihre Existenz (im Musiktheaterbetrieb) oftmals bedroht. Zu oft fällt sie in wirtschaftlich angespannten Zeiten dem Rotstift zum Opfer – nicht so hier bei diesem Jubiläum, zum Glück! Denn hier macht sich Aufbruchsstimmung breit, den jugendlichen Elan zu fördern, den Tanztalenten eine Perspektive zu vermitteln. 

In Feierlaune – Das BJBM und zwei Gönner

Umso bemerkenswerter ist es, dass nicht nur die „Artur und Uta Schiessl Stiftung“ sich als exklusiver Sponsor für das 15jährigen Jubiläums des „Bayerischen Junior Balletts“ einsetzt. Auch Frau Dr. h.c. Irene Lejeune hält ein Geburtstagsgeschenk mit Perspektive für die Zukunft bereit, eine besondere Tanzauszeichnung: Alle zwei Jahre erhält ein vielversprechendes Talent des BJBM insgesamt 5000 Euro. Wenn das keine Unterstützung ist!  Es ist weit mehr als 15 Jahre gelebte Tanzleidenschaft – ein Bekenntnis für den Tanz, ein Bekenntnis für die Jugend.

 

Blick nach vorn: Anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des BJBM gibt es im Juni im Prinzregententheater drei Vorstellungen (am 11., 12., 13.6.25) – mit einer neuen Kreation von Marco Goecke und der Rückkehr von Gerhard Bohners inzwischen legendärer Rekonstruktion von «Das Triadische Ballett».

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