Hemmungslose Lobeshymne
Sahra Huby wird mit dem Förderpreis Tanz der Landeshauptstadt München ausgezeichnet
„Jetzt weiß ich, warum ein Erwachsener Peter Pan tanzt“, hört man ein Mädchen bei der Spielzeitpremiere von „Peter Pan“ im Gärtnerplatztheater sagen. Eigentlich seltsam, denn Peter Pan, der in der Handlung etwa 11 bis 13 Jahre alt ist, möchte doch gar nicht erwachsen werden. Doch gerade hier zeigt sich das Dilemma: Die Tanzfigur, die neben schauspielerischen und gestalterischen auch ein hohes Maß an technischen Anforderungen an die Darstellenden stellt, kann ein Kind im Alter von Peter Pan noch gar nicht ausführen. Das führt dazu, dass diese Rolle oft von jungen Frauen dargestellt wird.
In Emanuel Soavis Version von „Peter Pan“ verkörpert aber Alexander Quetell mit Schalk und Witz diese Rolle, die sich vor allem durch Sprungkraft auszeichnet. Die Art und Weise, wie Quetell und das Ensemble die Schwerkraft scheinbar besiegen und souverän zwischen Akrobatik, Capoeira, klassischem und zeitgenössischem Tanz hin- und herjonglieren, ist atemberaubend. Virtuose Hebungen sind kraftvoll und zugleich souverän. Zirkusakrobatik in luftiger Höhe machen die verschiedenen Metaebenen des Ballettmärchens anschaulich.
Mit Jana Baldovino als charmante Fee Tinkerbell und Antagonistin zu „Peter Pan“ rauscht eine agile, lebhafte und mitreißende Tänzerin über die Bühne, mit der Peter und die Darling-Kinder Wendy (Emily Yetta Wohl), John (Matthew Jared Perko) und Michael (Mikael Champs)) ihre aufregende Reise nach Nimmerland antreten können. Die fiktive Insel Nimmerland steht für Fantasie, für Freiheit, einen Ort, an dem die Kinder nicht mit dem Erwachsenwerden konfrontiert werden, sondern eine Reise in die Kindheit unternehmen. Dort gelten andere Gesetze als in der Welt der Erwachsenen.
Ob Nimmerland für Idylle steht, muss bezweifelt werden. Folglich steht das (Nimmer)Land der unbegrenzten Möglichkeiten auch für „unbegrenzte Grausamkeiten oder auch Rücksichtslosigkeiten“, u.a. dargestellt in ausdrucksstarken und martialischen Kreistänzen oder auch Hip-Hop-Sequenzen. Schließlich herrscht in diesem fiktiven Land Peter Pans Erzfeind, Piratenkapitän Hook (David Valencia). Schein und Wirklichkeit sind nicht klar voneinander zu trennen, Schattenreich und sonniges Gemüt, Brutalität und Unbeschwertheit stehen immer wieder im Wettstreit.
Die immense tänzerische und künstlerische Energie aller Beteiligten zeigt eindrücklich, warum sich das bereits 2016 im Cuvilliéstheater uraufgeführte Auftragswerk als zeitloses Märchen etabliert hat und immer noch ganz oben auf dem Spielplan steht. Es begeistert durch ein perfektes Zusammenspiel von Musik und Tanz, in dem Soavi auch die Erwachsenen dazu einlädt, neugierig in seine Traumwelten einzutauchen.
Noch keine Beiträge
basierend auf den Schlüsselwörtern
Please login to post comments