HOMEPAGE
München
KOMPLEXE VIELFALT
„On Body“ von Richard Siegal / Ballet of Difference in der Münchner Muffathalle
Am Anfang des dreiteiligen Abends stand das blendende Signaturstück „BoD“, mit dem sich die 12-köpfige Company vorstellte. Sofort war die erstklassige tänzerische Qualität aller Ensemblemitglieder ersichtlich. Dabei schienen das Tempo, die Intensität und das Selbstbewusstsein, das diese Company ausstrahlt, gegenüber dem bereits starken Vorjahr gesteigert. Die voranpeitschende Musik von DJ Haram setzte immer neue TänzerInnen oder Gruppen von Tanzenden an verschiedenen Punkten der Bühne in Bewegung. Ihre fließenden Wechsel von Duos, Trios oder Quartetten weckten den Eindruck, als sehe man weit mehr Tanzende als die zehn auf der Bühne. Dabei wimmelte es von Eyecatchern, von denen man sich oft schnell lösen musste, weil schon die nächsten lockten: Abgesehen von den interessanten TänzerInnen-Typen wechselten expressive Posen mit wirbelnder Schnelligkeit, kraftvolle Ensemblemomente mit subtilen Staffelungen, ungewohnt geflexte Glieder mit verschobenen Achsen. Die spannende Dekonstruktion des von allen mühelos beherrschten klassischen Tanz-Vokabulars war von Humor und Geistesgegenwart getragen, überraschte mit witzigen Momenten und wurde mit lässigem Kippen aus der Körperspannung in authentische Attitüden des relaxten Alltags präsentiert. So ermöglichte die finale Sequenz nicht nur ein Wiedererkennen mit dem Tanz vom Anfang, sondern auch das mit der Persönlichkeit der Ensemblemitglieder. Nicht nur derer, die wie Nicola Strada, Léonard Engel, Claudia Ortiz Arraiza, Zuzana Zahradníková und die trotz ihrer Jugend bereits brillierende Margarida Neto unter Ivan Liska tanzten, sondern auch der anderen BoD-Tänzer, unter denen Tigran Mikayelyan, im Staatsballett zur Zeit aufs Abstellgleis geschoben, kurzfristig einsprang. Sie alle sieht man in München viel zu selten.
Mit „Made for Walking“ folgte, was vor einer Woche in Köln Uraufführung hatte: ein auf die drei Tänzerinnen Claudia Ortiz Arraiza, Courtney Henry und Margarida Neto mit Matthew Rich reduziertes Kammerstück. Nach kompositorischen Vorstudien von Lorenzo Bianchi Hoesch, dem Komponisten von Richard Siegal, zeigten die vier in naturfarbenen Leinenkitteln und schwarzen Lederstiefeln, die einen eigenen Klang hatten, wie die Körper von Tänzer*innen selbst Musik machen. Von afrikanischer Polyrhythmik inspiriert ließen sie mit ihren Schritten Rhythmen hören, die sie im Einklang mit ihren Bewegungen abwechslungsreich phrasierten, modifizierten und facettenreich zu neuen Mustern entwickelten, die immer aus den Bildern ihrer Soli und Duette zu entspringen oder sich darin niederzuschlagen schienen. Der im Mittelteil vom Komponisten live eingespielte, sparsame Elektro-Sound bestätigte das Wechselspiel von Körpern und Musik und machte neben der Polyrhythmik auch unterschiedliche kulturelle Hintergründe der Tanzenden sichtbar, die, im Schlussteil wieder nur mit ihren Stiefeln, über erstaunlich lange Sequenzen mit ihrer exakten Musikalität in virtuosen Tanzbildern brillierten.
Am Ende des Abends dann „UNITXT“, das 2013 mit seiner Uraufführung beim Bayerischen Staatsballett Richard Siegals Hinwendung zum klassischen Tanz markierte. Seine drei Teile für das gesamte Ensemble mit den Namen „NOISE“, „SIGNAL“ und „SILENCE“ waren für die neuen Tänzer frisch überarbeitet und fanden mit ihrer hohen Dynamik wieder frenetischen Beifall. Es wurde evident, dass Richard Siegal intelligent auf der Höhe der Zeit, stellenweise seiner Zeit voraus, respektvoll mit einem Team zusammenarbeitet, dessen virtuose, kreative Tänzer*innen hochpassioniert ihre Persönlichkeiten frei entfalten. Die gegenüber denkbaren Vorbildern gesteigerte Frequenz simultaner Highlights auf der Bühne seiner Stücke macht diese anstrengend, anspruchsvoll – aber auch zum atemberaubenden Genuss.
Kommentare zu "Komplexe Vielfalt"
- Kommentar am 21.09.2018 17:23 von Sabine WinklerEndlich schreibt jemand die Wahrheit. Copy and paste! Gut zu wissen, dass das auch andere durchschauen.
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Man merkt doch an Siegals Öffentlichkeitsarbeit das Opportunistisch-Berechnende. Ob er nun mit einer Künstlerkooperation namens 'The Bakery' die 'Factory' von Andy Warhol kopiert oder ob er für seine Tanztruppe haargenau alle Klischees des linksliberalen Mainstreams aufruft: "dance artists of the highest caliber who differ in their genotypes, cultural backgrounds, aesthetic socializations, and sexual orientations". Dass es in einer Ballettkompanie 100 Jahre nach Vaslav Nijinsky homoerotische Orientierte gäbe - Mann, da sind die betagten Provinzler im Münchner Kulturreferat ganz aus dem Häuschen...