LEUTE
München
WAS MACHT EIGENTLICH ALEN BOTTAINI?
Malve Gradinger führte ein Gespräch mit Bottaini und dem italienischen Choreografen Gaetano Posterino über ihre gemeinsame Arbeit.
Was macht eigentlich Alen Bottaini? Wer erinnert nicht den charismatischen Ersten Solisten, ob in „Schwanensee“, „Kameliendame“, „Corsaire“, „Raymonda", „Romeo und Julia“ oder einem modernen Stück. In seinen 17 Jahren im Bayerischen Staatsballett hat er alles getanzt, was Brio-Technik und Präsenz verlangte. Seit 2010 gastiert der Bayerische Kammertänzer als freischaffender Solist und Pädagoge quer durch Europa. Leitet parallel seit einem Jahr, zusammen mit Monica Merlo, Ex-Tänzerin des Gärtnerplatztheaters, das International Center of the Arts, kurz BMICA: eine akademisch orientierte Ausbildungsstätte, zugleich offen für Semi-Profis und Hobby-Tänzer. Geplant ist auch eine Touring-Company. Auftakt dazu ist jetzt eine Weihnachtsgala (11. 12., Wiederholung anvisiert) mit klassischen und modernen Nummern, ergänzt durch die Kreation „Novilunio – From Dark to Light“ zu Bach-Musik des italienischen Choreografen und frisch gebackenen Wahl-Münchners Gaetano Posterino. Ihn und Bottaini trafen wir nach einem Probenbesuch zum Gespräch.
Herr Posterino, Sie arbeiten sichtbar in einem neoklassischen Stil, der jedoch durch frei aus dem Körper schwingende Bewegungen modern „ent-spannt“ wird. Wenn S i e die Tanzsequenzen vormachen, ist es ein bisschen so, als ob Sie sich sanft durch Wasser bewegten. Eine Figur, eine Geste gleitet in eine andere über, scheinbar so ganz ohne jede Anstrengung. Wer oder was hat sie geprägt?
* Meine rumänische Lehrerin Magdalena Popa, ihr kreativer Umgang mit der russischen Waganowa-Unterrichtsmethode. Als Ballerina war sie in Bukarest, aber auch international ein Star. In den frühen 80er Jahren ging sie als Ballettmeisterin und „Principal Coach“ zum National Ballet of Canada, in dessen angegliederter Schule ich ausgebildet wurde. Ein weiterer Einfluss waren Choreografen wie Jirí Kylián, Mats Ek, Nils Christe, Stephan Thoss, Richard Wherlock, deren Stücke ich getanzt habe. Mein Land, die Energie Italiens mag auch eine Rolle spielen. Und dann hat sich wohl in den Jahren, in denen ich Hauschoreograf am Hessischen Staatstheater Wiesbaden und am Theater Augsburg war, mein „versatiler“ Stil entwickelt..
Was ist die unterliegende Legende in „Novilunio“?
* Ich hatte diese Idee von der Bewegung des Mondes um die Erde: vom nicht sichtbaren Neumond bis zum Vollmond, vom Dunkel bis wieder ins Licht. Die dunkle Phase, wo man sich „blind“ auf seine anderen Sinne verlassen muss, habe ich für vier BMICA-Studenten choreografiert. Mond und Erde sind danach die Staatsballettsolistin Katherina Markowskaja mit ihrer muskulären Grazie und Alen Bottaini mit seiner dynamisch-kompakten Kraft.
Kraft, Herr Bottaini, Power haben Sie, nicht nur auf der Bühne. Neben Ihren Münchner Verpflichtungen, ihrer Familie – Sie wurden ja jüngst Vater einer Tochter – sind Sie auch noch Pädagoge an der Schule des English National Ballets, der wichtigsten Londoner Company neben dem Royal Ballet.
* Noch pendele ich hin und her. (Bottaini, direkt vom Flugplatz ins Studio gekommen, leicht angegriffen). Aber das dortige Schuljahr mit dreimonatigen Studienabschnitten erlaubt mir dazwischen längere Ferien. Und da ich hier ebenfalls das englische System unterrichte, kann ich meine guten Studenten nach London vermitteln. München ist jedoch mein eigentliches Zuhause. Ich habe diese Räume – Monicas ehemaliges „la danza“ – ja grundlegend renovieren, zum Teil umbauen lassen. Mein Vater, er ist Architekt, hat die Pläne dazu entworfen (Bottaini stolz beim Besichtigungsrundgang). Und dann haben wir ja dieses Langzeitprojekt einer Tournee-Company, die auch dafür gedacht ist, dass unsere Studenten neben erfahrenen Solisten Bühnenerfahrung sammeln können.
Freie kleine zeitgenössische Gruppen haben es schon irre schwer. Wie wollen Sie eine private Company mit einem Repertoire zwischen Klassik, Moderne und eigenen Kreationen unterhalten?
° Die Finanzierung ist echt ein Problem. Immerhin kann ich schon mal die Ausstattungen von „Nußknacker, „Alice im Wunderland“ und und und verwenden, die meine Mutter in den 40 Jahren ihrer Ballettschul-Aufführungen angesammelt hat.
Und offensichtlich schmiedet sich gerade eine für Ihr BMICA ideale Allianz mit Noch- und Ex-Mitgliedern des Staatsballetts.
* Ja, jetzt in der Gala sind, unter anderen, die Ersten Solisten des Staatsballetts Daria Sukhorukova und Matej Urban in klassischen Pas de deux zu sehen. Und was vier Ehemalige betrifft: Wlademir Faccioni tanzt in Maged Mohameds Stück „Beauty of Death“, meine Frau Leonor de Távora unterrichtet im BMICA, gleichfalls Kammertänzerin Lisa-Maree Cullum, die auch gerade Gateano Posterino assistiert.
Was wünschen Sie beide sich für die Zukunft?
* Sponsoren und freundliche Unterstützung von Kunstminister Spaenle für unsere Company.
* Eine Ballettdirektion wäre toll, am liebsten jedenfalls irgendwo in Bayern!
Das Gespräch führte Malve Gradinger
Gala am 11. 12., Bürgerhaus Unterföhring, Münchner Straße 65. Karten: 089 950 81 – 506
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