LEUTE
Nürnberg
ÜBER DIE ARBEIT AM STAATSTHEATER NÜRNBERG MIT GOYO MONTERO
Jaione Zabala, Saúl Vega und Max Zachrisson sind Gründungsmitglieder des Ensembles und haben Monteros Erfolg von Anfang an mit ermöglicht.
Am Staatstheater Nürnberg hat der Spanier Goyo Montero vor fünf Jahren die Gelegenheit ergriffen, die Ballettsparte neu zu entwickeln. Insgesamt zehn bildstarke Neuproduktionen und der Aufbau eines europäischen Spitzenrepertoires aus Werken von Mats Ek, Johan Inger, Nacho Duato oder Crystal Pite haben ein wachsendes Publikum gefunden. Seit 2007 haben sich die durchschnittlichen Besucherzahlen pro Vorstellung nahezu verdoppelt, die Abonnements mittlerweile auf 640 vervierfacht. In der neuen Spielzeit stehen seine Neuinterpretation von „Cinderella“ und Uraufführungen von Douglas Lee und Cayetano Soto auf dem Programm. Jaione Zabala, Saúl Vega und Max Zachrisson sind Gründungsmitglieder seines auratischen Ensembles und haben dessen großen Erfolg von Anfang an mit ermöglicht. Nacheinander wurden sie mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet. Alexandra Karabelas im Gespräch mit den drei Tänzern:
Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Tage in Nürnberg fünf Jahren?
Saúl Vega: Die große Aufgabe lautete damals: Wie finden wir in eine gemeinsame Arbeit und in diesen Stil, der Goyo Montero vorschwebte? Wir arbeiteten schließlich alle unterschiedlich.
Jaione Zabala: Es war eine Zeit des abwartenden Arbeitens, würde ich sagen. Nach einer gewissen Zeit fühlte ich mich dann sehr wohl.
Max Zachrisson: Ich war damals zwanzig Jahre alt und hatte erst ein Jahr zuvor meine Tanzausbildung abgeschlossen. Die ersten Wochen waren hart für mich. Goyo Montero arbeitet sehr intensiv. Ich weiß noch, wie ich abends nach Hause kroch und dachte, meine Knie brechen gleich zusammen. Gleichzeitig war ich glücklich, hier arbeiten zu dürfen.
Was ist körperlich gesehen das Besondere an Goyo Monteros Stil?
Saúl Vega: Er ist sehr physisch.
Jaione Zabala: Für mich war beispielsweise neu, viel auf den Boden zu gehen.
Max Zachrisson: Oder nicht die sogenannte falsche Seite des Fußes zu benutzen. Davon hatte ich zuvor noch nie etwas gehört.
Wo liegt der körperliche Ausgangspunkt in Goyo Monteros Stil?
Max Zachrisson: Wir vereinen verschiedene Ansätze. Manche Bewegungen werden von außen initiiert, manchen werden aus dem Inneren geschöpft, manche werden gesetzt. Oft geht es darum, Dynamiken zu entwickeln. Sonst wird alles monoton.
Wie verleihen Sie einer Bewegung Bedeutung? Wie setzen Sie die Wünsche des Choreografen um?
Jaione Zabala: Ich benötige Zeit, bis ich genau weiß, was Goyo Monteros Intentionen sind. Danach löse ich mich von ihnen und tanze am Ende meinen eigenen Tanz. Dieser Übergang markiert eine sensible Phase.
Max Zachrisson: Ich gehe so vor, dass ich mich in die Rolle des Choreografen versetze und mich frage, was die Motivation für mich wäre, einen Schritt so zu kreieren. Dann führe ich ihn so aus, wie er für mich die gewünschte Bedeutung gewinnt. Wenn ich eine Bewegung oft wiederhole und sie sich angenehm und sicher anfühlt und ich an ihren Details arbeiten kann, beginne ich mit dem Gefühl der Bewegung zu experimentieren.
Saúl Vega: Ich beschäftige mich sehr mit Goyo Monteros Ideen. Ich frage viel nach was die Choreografie erzählen soll, und genieße es dann, auf der Basis all dieser Informationen etwas von mir hineinzulegen. Denn am Ende stehe ich als Tänzer auf der Bühne, nicht der Choreograf. Dabei ist mir die ganze Zeit bewusst, dass ich eine Geschichte, einen Charakter, eine Botschaft vermittle. Ohne dieses Bewusstsein macht es für mich keinen Sinn, auf der Bühne zu stehen und Bewegungen zu machen.
Welche Rollen oder Parts waren für Sie am Wichtigsten?
Saúl Vega: Freude hatte ich an der Rolle der Carabosse in „Dornröschen“ oder an der Rolle des Meisters im „Faust“. Generell mag ich die zweiten Rollen, den „Bad Guy“ oder jenen Charakter, der im Vergleich zur Hauptrolle ambivalent ist.
Max Zachrisson: Ja, die Nebenrollen sind interessant, weil man mehr zu tanzen hat. Für mich war die Rolle des Don José in „Carmen“ 2010 ein wichtiger Schritt. In diesem Jahr hatte es bei mir Klick gemacht.
Jaione Zabala: Ich habe bislang jeden Tanz hier genossen, egal ob ich weniger oder mehr zu tanzen habe. Eine Herausforderung für mich war die Rolle des „Drosselmeier“ in Monteros „Nussknacker“. Hier hatte ich wenig zu tanzen, aber viele kleine Parts, in denen trotzdem totale Präsenz gefragt war.
Kennen Sie beim Tanzen Momente von Trance?
Saúl Vega: Das hängt vom Stück ab und davon, ob ich einen guten oder einen schlechten Tag habe. Es ist ein ziemlich tiefes Gefühl. Es zu definieren ist schwierig.
Max Zachrisson: Trance stellt sich eher ein, wenn man improvisiert. Aber wenn man so tanzt wie wir, dass einem immer bewusst ist, was kommt, gibt es weniger Überraschungen. Trance als ein anderer Bewusstseinszustand stellt sich kaum ein.
Jaione Zabala: Die Frage nach Trance im Tanz ist die Frage nach Freiheit, danach, wann ich das, was ich tanze, zu meinem Eigenen mache. Geschieht dies, fühle ich mich verbunden mit der Choreografie. Das ist ein Moment der Gnade.
Ende der Spielzeit haben Sie und neun weitere Kollegen eigene Choreografien präsentiert. Wie leicht fiel Ihnen das?
Max Zachrisson: Ich empfand es als Herausforderung, eine Choreografie für einen anderen Tänzer zu schaffen. Denn wenn ich mich in Bewegungen von mir wohl fühle, heißt das noch lange nicht, dass dies mein Gegenüber tut und diese auch zu ihm passen. Ich habe jetzt verstanden, dass Bewegungen nicht nur dem Publikum gefallen sollen, sondern auch demjenigen, der sie tanzt.
Herr Vega, Sie haben für sich ein Solo kreiert. Warum?
Saúl Vega: Ich wollte mit Bewegung experimentieren, konkret: ein neues Gewicht innerhalb von Bewegungen finden. Mich interessierte, wie ich Bewegung verflüssigen und in verschiedenen Teilen wieder brechen kann.
Haben Sie Zeit für andere Dinge in Nürnberg?
Saúl Vega: Nürnberg gefällt mir sehr gut, aber abends gehe ich meist nach Hause, um mich auszuruhen.
Max Zachrisson: Als alter Schwede vermisse ich hier nur das Meer.
Jaione Zabala: Die Leute sind sehr freundlich, das mag ich hier sehr.
Kommentare zu "Über die Arbeit am Staatstheater Nürnberg mit ..."
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