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Nürnberg
VIELSCHICHTIGES GESAMTKUNSTWERK
Die Jungen Choreografen am Staatstheater Nürnberg
Sie tragen nur weite, weiße Hosen und bewegen sich in klar abgetrennten Lichtflächen auf dem Boden, mal in nächster Nähe zum anderen, ihm folgend, auf ihn reagierend, mal weit vom anderen entfernt. Beide sind den Blicken einander und jenen der Zuschauer ausgesetzt. Wen stellen sie dar? Brüder? Freunde? Gefangene? Gestrandete? Tanz lässt Beziehungen, Verhältnisse, Zustände und Erfahrungen aufblitzen, ohne dass sie benennbar wären. Er betört durch die Schönheit eines Bewegungsflusses, der Energien freisetzt. Welche Erfahrungen oder Zustände zeigen Choreografen, die noch sehr jung sind? Welche Motive, welche Musik und welche Themen treibt sie in die Choreografie?
Nicht nur, aber auch deswegen zählt der Abend junger Choreografen des Staatstheaters Nürnberg zu den beachtenswertesten Formaten aktuellen Tanzes in Bayern. Hinzu kommt: Bereits zum zweiten Mal gab Goyo Montero, Chef des Ballettensembles, das an den Surrealisten orientierte Motto aus, dass alle elf neu entstandenen Kurzstücke seiner Tänzerinnen und Tänzer zu einem Gesamtkunstwerk, einem „Exquisite Corpse“, verbunden werden müssen. Das führt zu ungeheuerer Dichte, überraschenden Kontextualisierungen und auch dem Effekt, dass ein Werk von so vielen Köchen sich am Ende einer Interpretation entzieht.
So ist dem beeindruckenden Männerduett von Max Levy nahtlos das Frauenduett „Kauderwelsch“ vorangestellt, das die Co-Choreografinnen Julia Cortés und Natsu Sasaki auch miteinander tanzen. Zwei sich synchron und schablonenhaft bewegende Figuren, die ihre Körper und Gesichter gleichmütig zu Posen und Fratzen verziehen und dabei so unschuldig in die Welt gucken, dass die Phantasie freien Lauf nimmt.
Dorthin wiederum gelangte man nach einer fulminanten Gruppenarbeit für sieben Tänzer von Felix Valentim. Zu harten Beats und durchmischt mit melancholischen Klavierklängen widmete er sich einer Variation aus Hüpfern, Attituden in Jeans, zitternden Händen und neigenden Köpfen, die ihr Pendant in einem wie ein Ritual wirkenden, expressiv-dynamischen Gruppentanz am Ende des vielschichtigen und vielköpfen Tanzwerks hatte.
Dazwischen: viele Momente von Vereinzelung, Einsamkeit, aber auch Ichbezogenheit, Anpassung in der Gruppe und Anzeichen dafür, dass die Kluft zwischen dem, was zu leisten ist und was man innerlich fühlt, zuweilen schmerzhaft groß ist. Ein berührender, zarter Blick auf das, was junge Choreografen hier bewegt.
Kommentare zu "Vielschichtiges Gesamtkunstwerk"
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