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Regensburg
EIN MANN UND SEINE FRAUEN - EIN KAMMERSPIEL IN REGENSBURG
Yuki Moris "Ich, Wagner.Sehnsucht!" am Theater Regensburg
Wagner also. Ein Gigant in der deutschen Kulturgeschichte, an dem sich unzählige Zeitgenossen und Nachfolger abgearbeitet haben. Eine ganze Industrie lebt von seinem Mythos und den Untiefen, die sein Leben auch bedeuteten. Yuki Mori, der neue junge Chefchoreograf am Theater Regensburg, nahm das aktuelle Wagner-Jahr zum Anlass, um sich Leben und Werk des Komponisten mit dem Tanz anzunähern. Spannend war dabei vor allem, wie bereits bei seiner ersten Premiere „Zeit. Raum!“, wer da künstlerisch zum Vorschein kam; zweitens, wie das Theater Regensburg Wagner in dieser Produktion thematisiert: nämlich vor allem routiniert-brav. Altbekannte Tabus oder andere kritikwürdige Aspekte am Leben und Verhalten Wagners blieben unberührt.
Mori inszenierte seine Annäherung an den Komponisten schlicht als Kammerspiel, in dem Wagners Sehnsucht und Umgang mit den Frauen im Mittelpunkt standen, allen voran mit seiner ersten Frau Minna Planer, getanzt von Andrea Vallescar, seiner letzten Cosima, zärtlich verkörpert von Caroline Fabre, und mit Mathilde Wesendonck, herrlich glamourös und intensiv gezeichnet von Ina Brütting, einer bezaubernden Entdeckung in seinem insgesamt charakterstarken Ensemble. Was die Darstellung anbelangte, bemühte sich Mori erfolgreich um eine geschlossene Narrativität. Der Raum: der Walhalla nicht unähnlich. Büsten auf Sockel, ein Sofa, hinten eine offene Verandatür, die den Blick in die Weite freigab. Hügelperperspektive. Bühnenbildnerin Claudia Doderer hatte ebenso wie Kostümbildner Thomas Kaiser die richtige Balance zwischen Definiertheit, Eleganz und Purismus getroffen – auch ein starkes Zugeständnis an die Mainstream- Erwartungen eines bürgerlich-gesättigten Publikums eines Stadttheaters. Darin rollte sich szenisch Wagners Annehmen und Wiederverlassen der einen zugunsten der anderen ab, langweilig auch noch nachbuchstabiert und unnötig bildungsbürgerhaft mit Stoff aus Wagners Leben aufgefüllt im Programmheft von Dramaturgin Christina Schmidt, die wohl mitverantwortlich zeichnete für diesen brav-routinierten Zugriff. Innerhalb dieser Struktur jedoch präsentierte sich Mori wie schon bei „Zeit. Raum!“ als ein großer Könner: Er zeigte, wie in einem kubistischen Bild mehrere Perspektiven gleichzeitig aufzureißen sind, um den Blick von außen mit Einblicken in ein mögliches Innenleben seiner Protagonisten gleichzeitig zu ermöglichen. Großartig in diesem Zusammenhang vor allem der Mittelteil, in dem er die Begegnung und leidenschaftliche Annäherung Wagners an Mathilde Wesendonck aufblätterte, ohne dass man hinterher sagen konnte, welche Wirklichkeit denn nun stimmte: die innere leidenschaftliche, sehnsuchtsvolle Welt oder jene, in der die beiden schlicht nicht für ein gemeinsames Leben zueinander fanden. Immer tanzten Wagner und ein Seelenpaar gleichzeitig – ein alter Trick, mehrere Ebenen zu überblenden, dennoch hier grandios-raffiniert ausgearbeitet, dicht, nuanciert, und gekrönt von einer eindrucksvollen Musikalität. Erneut zeigte sich Mori als ein Choreograf, der in der Lage ist, Bewegungen aus einem Gefühlszustand, einem Klang, einer Melodie herauszumodellieren. Hier setzt keiner etwas auf die Musik oder das Thema, sondern fühlt hinein. Wunderbar annehmen konnte man daher auch den zweiten Teil: eine abstrakte Szenerie, in der alle Figuren des ersten, „konkreten“ Teils schlicht in blauen Rücken, Hosen und T-Shirts auftraten und sich – zusammen mit der beglückten Zuschauerin – schlicht der Bewegung widmen konnten, bedeutungsmäßig nur an der immer noch in derselben Klamotte auftretenden Wagner gebunden. Sei zum Schluss die Frage erlaubt: Und wo ist der dritte Teil?
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